Das
Selbstverständnis
von
Feminine Embodiment
Was bedeutet Embodiment?
Embodiment heißt “verkörpert sein”. Und was bedeutet das jetzt?
Im Embodiment-Konzept gehen wir davon aus, dass alles, was wir erleben oder erfahren, eine Auswirkung auf unseren Körper hat, bzw. eine Spur in unseren Zellen hinterlässt. Embodiment plädiert dafür, unseren Körper als primäres Erfahrungs-instrument unserer Lebensrealität in die Betrachtung von Problemlösungsstrategien miteinzubeziehen und das kognitive System, also Verstand und Psyche, nicht isoliert, sondern in Bezug zu und Wechselwirkung zum gesamten Körper zu betrachten.
Was hat es mit dem “Feminine” auf sich?
Feminine Embodiment basiert auf dem Verständnis, dass es an der Zeit ist, wieder ein Geleichgewicht herzustellen zwischen dem männlichen und dem weiblichen Paradigma. Jeder Mensch beherbergt sowohl maskuline als auch feminine Energien und Attribute. Während die maskulin konnotierten Aspekte im Bereich der Ratio liegen, also als logisch, linear, vorhersehbar und nach vorn strebend beschrieben werden können, assoziieren wir die Gefühlswelt, das Fließende, Unvorhersehbare, Emotionale, Sinnlich-Körperliche mit dem Weiblichen.
Es ist nicht schwer zu erkennen, dass der Großteil unserer modernen Welt sich heutzutage an hyper-maskulinen Werten orientiert. Besonders wir Frauen leiden massiv unter dem Dogma dieser Kultur, in der die weiblichen Attribute strukturell abgewertet werden: Emotionalität und Wut werden als Hysterie und Irrationalität abgetan und sollen im öffentlichen und privaten Kontext möglichst außen vor bleiben. Feinfühligkeit wird gleichgesetzt mit Schwäche. Empathie und Verletzlichkeit mit Verweichlichung. Das bloße “Sein” ist gleichbedeutend mit Faulheit. Freude und Lust muss „man“ sich erst durch Leistung verdienen. Und Kreativität zählt auch nur dann, wenn sie monetär darstellbar ist.
Und das ist ein Problem!
Es heißt, die westlich sozialisierte Frau lebt nur zu 20 Prozent „verkörpert“, sie schöpft also lediglich ein Fünftel der ihr eigentlich zur Verfügung stehenden Weisheit und Kraft ihres Körpers aus. Was für eine Katastrophe! Und gleichzeitig: was für ein Potenzial!
Feminine Embodiment steht für das Gegenteil von “höher-schneller-weiter”
Und zwar auf globaler und auf individueller Ebene. Wir alle können sehen, wohin uns das Streben nach immer mehr Wachstum und Profit gebracht hat. Die Ausbeutung unserer Lebensgrundlage spiegelt auf Makroebene wider, was wir auf Mikroebene mit unseren persönlichen Ressourcen getan haben: Arbeiten bis zum Umfallen, Ignorieren von körperlichen Warnsignalen, nur um weiter zu funktionieren, Ausklammern von Gefühlen und einer gesunden Intuition. Hinzu kommt der gesellschaftliche Druck, dass es uns stets immer nur gut gehen soll – “Keep shining, keep smiling” ungeachtet der Krisen und Kriege, die wir im Inneren ausfechten…
Und hier lauert das nächste Dilemma: Indem wir unerwünschte Gefühle und Erfahrungen konsequent ausblenden, schrauben wir automatisch unsere gesamte innere Empfindungswelt herunter. Mit der Zeit pendelt sich so die Amplitude unserer individuellen Lebenserfahrung auf einer ganz flachen Schwingung ein und alles fühlt sich irgendwie nur noch grau in grau und “lauwarm” an. Und dann? Dann braucht es eine Ersatzbefriedigung von außen, um die innere Leere zu füllen. Wie das aussieht, ist ein offenes Geheimnis: Essen, Alkohol, Medienkonsum, Social Media, Shopping dienen einerseits als Substitution für “echte” Erlebnisse und helfen gleichzeitig dabei, unerwünschte Emotionen “herunterzuschlucken” oder wegzudrücken. Eine teuflische Spirale an deren Ende die vollständige innere Abstumpfung steht.
Was ist Embodiment Coaching?
Ausgehend von der Grundannahme, dass unser Körper das primäre Erfahrungsgefäß unserer Lebensrealität ist, setzt Embodiment-Coaching genau da an: bei unserer inneren Empfindungswelt. In der Beschäftigung damit, wie unsere Erlebnisse körperlich prozessiert werden, kommen wir um den Begriff des Traumas nicht herum. Dabei denken wir automatisch an die krassesten Formen von Traumata – der Begriff beschreibt jedoch zunächst einmal ganz allgemein eine „seelische Wunde“, hervorgerufen durch eine Situation, der wir im Moment des Geschehens nicht gewachsen sind/waren. Die Folge: das – traumatisierende – Erlebnis kann nicht unmittelbar verarbeitet werden, die (körperliche) Spannung wird quasi verkapselt und im System / Unterbewusstsein abgespeichert.
Man kann sich das wie einen Knoten von gehaltener Lebensenergie vorstellen. Dieser Knoten verbraucht zum einen unendlich viel Kraft und blockiert zum anderen unsere Entfaltung. Dies manifestiert sich dann in unterschiedlichster Art und Weise in unserem Alltag – in Form von einschränkenden Überzeugungen, die uns daran hindern, unseren Weg zu gehen, in wiederkehrenden Verhaltensmustern, die unsere Wünsche torpedieren, in Angstzuständen, der Unfähigkeit, Entscheidungen zu treffen, der Blockade gegenüber wahrer Sinnlichkeit und Lebenslust… Die Ausprägungen sind mannigfaltig.
Im Embodiment-Coaching lösen wir diese verkapselten Spannungen und Knoten auf emotional-körperlicher Ebene, wodurch die gehaltene Lebensenergie wieder freigesetzt und zum Fließen gebracht wird.
Embodiment Coaching ist nachhaltig
Indem wir wieder lernen, entsprechend unseres emotional-körperlichen Empfindens Lebensentscheidungen zu treffen, kommen wir unserem wahren Selbst, unserer Intuition, unserem „Bauchgefühl“ Schritt für Schritt näher. Dieser Prozess trägt nicht nur maßgeblich zu immer mehr Lebensfreude bei, sondern ermächtigt uns nachhaltig dahingehend, die eigenen Wünsche und Bedürfnisse intuitiv zu erkennen und unser Leben authentisch danach auszurichten. Indem wir wieder verbunden sind mit den Wahrnehmungen unserer Körper und ihre Signale nicht nur hören, sondern auch entsprechend handeln, bemerken wir immer früher und feinfühliger, wenn wir in ungesunde Muster (zurück-) zu verfallen drohen: Stichwort ungesunde Verhaltensweisen, Überforderung, Stress, drohender Burn-out usw..
Feminine Embodiment ist politisch
Was würde wohl passieren, wenn morgen früh alle Frauen dieser Erde glücklich aufstehen würden? Mit sich im Reinen. Zufrieden mit ihren Körpern. Selbstbewusst und selbstbestimmt ihre Sexualität lebend? Die Wirtschaft würde zusammenbrechen. Denn die Unzufriedenheit von uns Frauen ernährt einen riesigen Wirtschaftszweig. Sich in einer solchen Gesellschaft als Frau zu akzeptieren und zu lieben ist mutig – und politisch! Oder mit den Worten von Adrienne Maree Brown gesprochen: “Pleasure is a measure of freedom” (Adrienne Maree Brown in: ‘Pleasure Activism. The Politics of Feeling Good’)